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Während der Schwangerschaft, Stillzeit und den ersten Lebensjahren können verschiedene Faktoren erheblichen Einfluss auf die spätere Entwicklung und Gesundheit des Kindes ausüben. Besonders die kindlichen Stoffwechselprozesse werden während dieser Zeit deutlich durch die Ernährung von Mutter und Baby geprägt. Lesen Sie hier, um was es sich genau bei der frühkindlichen Prägung handelt, von welchen Faktoren sie selbst beeinflusst wird und welche gesundheitlichen Aspekte von ihr gesteuert werden.
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Frühkindliche Prägung: Definition
Unter frühkindlicher Prägung, auch als Early Life Nutritional Programming (ENP) bekannt, versteht man den Einfluss, den verschiedene Faktoren zu Beginn des Lebens auf die spätere Ernährung und damit Gesundheit nehmen.
Als einzigartiges Zeitfenster werden hierbei die ersten 1.000 Tage betrachtet, also die Zeit von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. In dieser sensiblen Phase kann die Entwicklung zentraler Bausteine der Gesundheit – die Energiestoffwechselprozesse, das Gehirn und das Immunsystem – eines Kindes positiv oder negativ beeinflusst werden1. Eine entscheidende Rolle spielt die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft und Stillzeit, die Ernährung im ersten Lebensjahr und die Ernährung von Kleinkindern.
Positive Prägung durch Ernährung
Die ENP-Forschung liefert neueste Erkenntnisse zur frühkindlichen Ernährung: Die Ernährung hat demnach grossen Einfluss auf die langfristige Gesundheit2.
Eine möglichst optimale Ernährungssituation von Mutter und Kind während der ersten 1.000 Tage ist ein Faktor für eine spätere positive Prägung. Damit einher geht ein gesenktes Risiko für Entwicklungsstörungen und Gesundheitsprobleme. Eine negative Prägung hingegen kann dieses Risiko erhöhen3.
Ursachen und Faktoren
Doch was genau sind die Ursachen für die frühkindliche Prägung? Beziehungsweise, welche Faktoren beeinflussen die positive oder negative Prägung? Aus der ENP-Forschung geht hervor, dass Umweltfaktoren wie die Ernährung eine fast 4-mal so grosse Rolle bei frühkindlicher Prägung spielen als die Gene.
1 übernommen von https://www.aptaclub.de/aptamil-produkte/forschung/forschungsergebnisse/neueste-erkenntnisse-aus-der-nutricia-forschung.html (bitte nicht veröffentlichen!)
2 übernommen von https://www.aptaclub.de/aptamil-produkte/forschung/forschungsergebnisse/die-zukunft-liegt-in-ihren-haenden.html (bitte nicht veröffentlichen!)
3 Quellen https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2014/07_14/EU07_2014_M386_M392.pdf und https://www.dge.de/uploads/media/DGE-Pressemeldung-aktuell-01-2009_Praevention-beginnt-bereits-im-Mutterleib.pdf
Epigenetik: Wie sehr die Gene unsere Gesundheit tatsächlich beeinflussen
Epigenetische Veränderungen werden für Phänomene wie späteres Übergewicht, Diabetes und andere Erkrankungen verantwortlich gemacht. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Methylierungen (reversible chemische Veränderungen) der DNA und Modifizierungen der Histone, die verändern, wie unser Erbgut abgelesen wird und sich so beispielsweise auf Stoffwechselprozesse auswirken können.
Die meisten Zellen des Körpers enthalten die gleichen Gene, die Genexpression variiert dagegen in hohem Masse zwischen den einzelnen Geweben. Gene besitzen eine Vielzahl von epi-genetischen (epi = zusätzlich) Markern, die bestimmen, wie ihre DNA gelesen wird. Diese Marker sind für die Ausrichtung und Beibehaltung der Zelltyp-spezifischen Genexpression zuständig und bestimmen damit, welche Art von Zellen sich entwickeln, welche Gene exprimiert und welche Stoffwechselprodukte produziert werden.
Die frühe Entwicklung des Körpers und seiner Organe beginnt mit der fötalen Genexpression der zu formenden Organe. Frühe Veränderungen dieser Genexpression, beispielsweise durch „Störungen“ wie Fehlernährung, Mangel oder Überfluss an bestimmten Nährstoffen, kann zu permanenten strukturellen Veränderungen der Gewebe und Organe im Körper führen1. Der Grad der Veränderung hängt von der klinischen Relevanz der Störungen, ihrem Zeitpunkt sowie ihrer Dauer ab2; 3.
Zu den Mechanismen, wie Körpergewebe oder Organe bereits frühkindlich durch Umweltfaktoren in ihrer Entwicklung beeinflusst werden können, gehören4:
- Epigenetische Mechanismen (Veränderungen in der DNA-Methylierung oder der Modifikation der DNA-bindenden Histone; siehe Abbildung 1)
- Beeinflussung der Organstruktur (durch Gefässneubildung und -versorgung, Zellposition bei Organentstehung)
- Veränderungen der Zellen (Organ- und Gewebsvergrösserungen durch Zellanzahl [Hyperplasie] oder Zellvergrösserung [Hypertrophie])
- Klonale Selektion (unverhältnismässiges Wachstum von Zellen unter spezifischen Stoffwechselbedingungen)
- Metabolische Differenzierung (Auftreten mehrerer Chromosomensätze [Polyploidisierung], verbunden mit erhöhter Stoffwechselaktivität)
Ernährung und Epigenetik während der Schwangerschaft
In neueren Untersuchungen konnten erste epigenetische Zusammenhänge zwischen der Ernährung in der Schwangerschaft und der körperlichen Entwicklung im späteren Alter festgestellt werden.
Godfrey et al. zeigten, dass die spezifische epigenetische Promoter-Methylierung mit Adipositas im späteren Kindesalter assoziiert war. Die identifizierten spezifischen Marker zeigten eine Verbindung zu der mütterlichen Kohlenhydrataufnahme während der frühen Phase ihrer Schwangerschaft, was bereits mit einer vermehrten Adipositashäufigkeit zur Geburt assoziiert wurde5.
Ebenso scheinen Veränderungen im mütterlichen Mikronährstoffstatus beim Kind bemerkenswerte Langzeiteffekte mit epigenetischem Hintergrund zu zeigen. Daten der Pune Maternal Nutrition Study zeigen, dass ein niedriger mütterlicher Vitamin-B12-Status, hohe Homocystein-Werte sowie ein kombinierter Vitamin-B12- und Folsäuremangel eine hohe Insulinresistenz bei den Nachkommen mit sechs Jahren vorhersagen6.
Experimentelle Studien mit Schafen konnten eindeutige Effekte einer niedrigen Vitamin-B12-, Folsäure- und Methionin-Versorgung in der Zeit vor der Konzeption bis nach der Geburt auf den Methylierungsstatus mehrerer epigenetischer Marker während der frühen Embryonalphase nachweisen. Diese gingen sowohl mit Veränderungen des Körpergewichts und Fettbildung im Erwachsenenalter als auch mit Veränderungen der Insulinempfindlichkeit, des Blutdrucks und des Immunstatus einher7.
Epigenetik vor und nach der Schwangerschaft
Studien mit eineiigen Zwillingen geben klare Hinweise darauf, dass diese epigenetische Prägung noch nach der Geburt auftreten kann, obwohl das Ausmass des Effekts mit der Zeit weniger werden kann1; 8.
Die Entwicklung des Kindes scheint sogar durch mütterliche Faktoren beeinflussbar zu sein, wenn sie vor der Konzeption auftraten.
Studien in Gambia zeigten, dass sowohl die Sterblichkeitsrate im Erwachsenenalter als auch die Anfälligkeit für schwere Infektionen im Kindesalter mit der Jahreszeit bei der Geburt zusammenhängen9; 10. In dieser Studie hatte die Ernährung der Mutter vor dem Zeitpunkt der Konzeption einen Einfluss auf die spezifische epigenetische Ausprägung11. Aber ebenso kann die väterliche Linie über Generationen die epigenetische Prägung beeinflussen12.
Epigenetische Prägung kann also zu Veränderungen der Genexpression und in Folge dessen zu strukturellen Veränderungen der Körpergewebe und -organe führen; beide Mechanismen werden heute als integrale Grundlagen der frühkindlichen Prägung angesehen13; 14; 15; 16.
Ernährung als Modulator der Gesundheit im späteren Leben
Daraus ergibt sich, dass die genetische Veranlagung nur einen Teil des Risikos erklärt, ob wir im Laufe des Lebens bestimmte Krankheiten erleiden oder nicht. So kann auch der Anstieg der Volkskrankheiten – auch nicht-übertragbare Krankheiten (englisch non-communicable diseases; NCDs) genannt – wie Übergewicht, Diabetes Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen – in den letzten Jahrzehnten nicht allein durch „Vererbung“ oder Lebensstilfaktoren erklärt werden. Die Epigenetik bringt also äussere Einflüsse und Genetik zusammen.
Zwar sind unsere Gene bereits zum Zeitpunkt der Konzeption festgelegt, unsere individuelle Entwicklung wird aber wesentlich von Umweltfaktoren früh im Leben beeinflusst. Dies gilt auch, wenn mittlerweile bestimmte Genregionen identifiziert worden sind, die im Zusammenhang mit Volkskrankheiten stehen.
Beispielsweise wurden bei Menschen aus dem asiatisch-chinesischem Raum mehr als 40 Genregionen für Diabetes Typ 2 identifiziert, die einen klaren Zusammenhang mit dieser Krankheit zeigen17; 18; 19; 20; 21; 22. Trotzdem werden diesen Genregionen nicht mehr als 10 bis 12 % zugeschrieben, die Krankheit zu verursachen. Weiterhin kennt man mittlerweile mehr als 50 Body-Mass-Index (BMI)-assoziierte Genregionen23, doch erklären diese nur etwa 1 bis 2 % der Veränderung eines normalen BMI24; 25.
Selbst wenn man die additiven Effekte der unterschiedlichen Genregionen berücksichtigt (eine Person kann mehrere Genmutationen aufweisen), hängt das Krankheitsrisiko letztlich von der Gen-Umwelt-Interaktion ab, nicht von der Genausprägung alleine17; 18; 19; 26. Studien mit getrennt lebenden Zwillingen oder isoliert lebenden Bevölkerungen wie die Pima-Indianer lassen vermuten, dass diese Gen-Umwelt-Interaktion etwa zwei Drittel der Veränderung von BMI- und Stoffwechselrisikofaktoren ausmacht26; 27; 28.
Epidemiologische, klinische und experimentelle Studien geben vermehrt Hinweise darauf, dass Expositionen, insbesondere die Ernährung während der pränatalen und frühkindlichen Entwicklung (Ernährung im 1. Lebensjahr und Ernährung im Kleinkindalter) einen entscheidenden, dauerhaften, geradezu prägenden Einfluss auf die spätere Entstehung von Übergewicht, Diabetes mellitus Typ 2 und hiermit assoziierte kardiovaskuläre Erkrankungen haben können30.
Wie gesund oder krank wir im Alter sind, wird allem Anschein nach zum grösseren Teil durch die Stoffwechselwege bestimmt, die bereits früh im Leben angelegt und die stark von Umweltfaktoren beeinflusst werden31; 32; 33; 34. Beispielsweise können eine unausgewogene Ernährung oder Schadstoffe zu Veränderungen der frühen Entwicklung in der embryonalen und fötalen Phase und in den ersten Lebensjahren führen. Diese Veränderungen können sogar über Generationen weitergegeben werden.
Umweltfaktoren in frühen Lebensphasen beeinflussen mit, wie hoch das Risiko für eine genetisch veranlagte Krankheit ist. Von allen Umweltfaktoren ist am besten die Ernährung als Modulator der Gesundheit im späteren Leben dokumentiert35.
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Auswirkungen auf das Stoffwechselverhalten
Für die Gesundheit sind äussere Faktoren also wesentlich entscheidender als Gene, und einer davon ist die Ernährung. Denn die Ernährungsgewohnheiten der Mutter und die anschliessende Ernährung des Kindes in den ersten zwei Lebensjahren können erhebliche Folgen für ihr Kind haben.
Unsere spezifischen Stoffwechselprozesse werden schon früh im Leben geprägt. Der Körper beginnt zu lernen, wie er Nahrungsmittel verstoffwechselt, von der ersten Fütterung an über die Beikost, Kleinkindernährung bis ins Erwachsenenalter. Die Struktur der Nährstoffe, die der Körper erhält – beispielsweise die Lipidstruktur in Säuglingsnahrung – kann dabei von hoher Bedeutung sein, weil sie den Körper prägt, wie er diese Nährstoffe für Wachstum und Entwicklung verdaut, absorbiert und nutzt.
Damit ein Kind sich angemessen entwickeln kann, sollten Eltern bereits vor der Zeugung, aber insbesondere während Schwangerschaft, Stillzeit und den ersten Jahren nach der Geburt jede Chance nutzen, auf eine optimale Ernährung zu achten. Man spricht bei den wichtigen 1.000 Tagen im Leben eines Kindes auch vom „Zeitfenster der grösstmöglichen Chancen“ (engl. „window of opportunity“).
Die ersten 1.000 Tage im Leben eines Kindes, von der Empfängnis bis zum Alter von zwei Jahren, gelten demnach als wichtigste Phase, in der viele epigenetische Faktoren die Chance auf spätere Gesundheit erhöhen können2; 3. In diesem „Zeitfenster der grösstmöglichen Chancen“ (siehe Abbildung 2) beeinflusst die Ernährung von Mutter und Kind wesentlich die Entwicklung der körperlichen Organe, ihre Funktionsweise und den Stoffwechsel.
Dieses Zeitfenster lässt sich noch weiter fassen: als Zeitraum bereits vor der Konzeption bis zu einem Alter von bis zu sechs Jahren. Wissenschaftliche Forschungsergebnisse legen nahe, dass in dieser Zeit die Lebensweise sowie der Ernährungs- und der Gesundheitszustand der Eltern die Qualität des Spermas und der Eizelle ebenso beeinflussen wie die embryonale Entwicklung und die Plazenta.
Da sich der Bedarf eines Säuglings im ersten Lebensjahr sowie im Verlauf des Kleinkindalters permanent ändert, sollte eine optimale Ernährung immer der entsprechenden Lebensphase des Kindes angepasst sein. Ein suboptimaler Ernährungsstatus der Mutter, präkonzeptionell und während der Schwangerschaft und Stillzeit sowie eine suboptimale Ernährung des Säuglings und Kleinkinds, kann, je nach Schweregrad, einen signifikanten und langfristigen Effekt auf die Entwicklung des Immunsystems, des Gehirns sowie der Stoffwechselsituation haben.
Weitere Informationen zur Rolle der Ernährung in Hinblick auf den Stoffwechsel, die geistige Entwicklung, das Immunsystem und die Geschmacksentwicklung von Säuglingen und Kleinkindern erfahren Sie auf unserer Seite „Einfluss auf kindliche Entwicklung“.
Frühkindliche Prägung: pränatal
Die Entwicklung des Kindes in utero wird neben anderen – beispielsweise genetischen Faktoren – entscheidend vom Ernährungszustand der Schwangeren mitbestimmt4.
Historischer Beleg für die Auswirkung eines frühen Nahrungsmangels auf die Gesundheit im Erwachsenenalter bietet die Untersuchung des „holländischen Hungerwinters“ 1944/45. Während des „holländischen Hungerwinters“ zeigten die Kinder von Müttern, die sich während der deutschen Belagerung im ersten oder zweiten Trimester ihrer Schwangerschaft befanden und somit in der frühen Schwangerschaft extrem unterernährt waren, im jungen Erwachsenenalter eine erhöhte Adipositasprävalenz5.
In den zurückliegenden 20 bis 30 Jahren kam es in den westlichen Industriestaaten zu einem, im Verlauf der Evolution des Menschen, einzigartigen Anstieg des mittleren Geburtsgewichts. Beispielsweise ist es in den neuen Bundesländern pro Dekade zu einem Anstieg der mittleren Geburtsgewichte von bis zu 126 Gramm gekommen6. Hierfür scheint weniger ein beschleunigtes Wachstum als vielmehr eine vermehrte Fettakkumulation beim Neugeborenen verantwortlich zu sein6; 7; 8.
Da es in einem so kurzen Zeitraum nicht zu einer wesentlichen Veränderung des Genpools in der Bevölkerung gekommen sein kann, sodass genetische Faktoren den Anstieg des Geburtsgewichts erklären könnten, müssen nicht genetische Ursachen wie das Intrauterinmilieu verantwortlich sein.
Dies zeigt eindrucksvoll eine britische Studie mit Kindern, die durch „Leihmütter“ ausgetragen wurden9. Hier zeigte sich, dass das Geburtsgewicht des Kindes stärker mit dem Body-Mass-Index der Leihmutter korrelierte als mit dem Gewicht der biologischen Mutter (siehe Abbildung 3)
Als Ursache kommt hierfür der Ernährungszustand der Schwangeren in Frage. So ist das Makrosomierisiko, also das Risiko für ein Geburtsgewicht über 4.000 bis 4.500 Gramm, bei Kindern adipöser Frauen mehr als verdoppelt, bei Kindern massiv adipöser Frauen sogar mehr als verdreifacht10. Je mehr eine übergewichtige Frau in der Schwangerschaft zunimmt, desto höher ist der prozentuale Körperfettanteil ihres Neugeborenen11, was auch langfristig zu Übergewicht des Kindes führen kann12.
Hauptgrund für die Gewichtszunahme in der Schwangerschaft und dem damit verbundenen Risiko für ein Übergewicht bereits beim Neugeborenen dürfte die Energiezufuhr der Mutter während der Schwangerschaft sein. Dagegen hat eine zu geringe Energiezufuhr der Schwangeren einen vergleichsweise geringen Einfluss auf das Geburtsgewicht14.
Eine abwechslungsreiche und gesunde Ernährung wirkt sich nicht nur positiv auf die Entwicklung des Ungeborenen aus. Schon im Mutterleib beginnt die Prägung des Geschmacksinns eines Kindes, gesteuert durch die Ernährung der Mutter. Je vielfältiger sich die Mutter während der Schwangerschaft ernährt, desto offener sind die Kinder später gegenüber neuen Lebensmitteln und ernähren sich auch tendenziell gesünder. Hier finden Sie ausführliche Informationen hinsichtlich der Empfehlung der Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft und Stillzeit.
Pränatale Prägung ist möglicherweise reversibel
Neu ist dagegen eine Studie, die nahelegt, dass diese frühe Programmierung durch die Ernährungsgewohnheiten nach der Schwangerschaft umgeschrieben werden kann – zumindest im Tiermodell15. Forscher:innen um Laura Moody von der University of Illinois konnten bei Ratten zeigen, dass eine fettreiche Ernährung (45 % der Energiezufuhr) während der Tragzeit zu erheblichen epigenetischen Veränderungen im Genom der Leberzellen des Nachwuchses führte. Stellte man deren Ernährung nach der Entwöhnung von den Muttertieren auf eine fettarme Kost um, änderte sich das Genexpressionsprofil ihrer Lebern wieder drastisch: Gene, die mit dem Fett- und Adipokinstoffwechsel sowie mit bei Diabetes mellitus aktiven Signalwegen assoziiert sind, wurden herabreguliert. Die Ratten programmierten ihr Genom quasi um.
Moody et al. schlussfolgern, dass das durch die Eltern erworbene Methylierungsprofil dynamisch und veränderbar ist. Das Leber-Epigenom ist also kein unabwendbarer Fluch der Eltern – zumindest bei Ratten und ihren Nachkommen. Inwiefern sich diese Erkenntnisse auf den Menschen übertragen lassen, ist indessen unklar. Es lässt sich aber spekulieren, dass sich Ernährungsfehler während der Schwangerschaft womöglich auch beim Menschen korrigieren lassen könnten, wenn mit Einführung der Beikost auf eine ausgewogene Ernährung geachtet wird. Wie lange diese „Reprogrammierung“ möglich ist, ist Gegenstand weiterer Forschung.
Frühkindliche Prägung durch Stillen
Nicht nur die pränatale Energiezufuhr hat langfristige Folgen für die Gesundheit des Kindes und späteren Erwachsenen, sondern auch die Ernährung nach der Geburt.
Wichtigste positive „Programmiererin“ in der frühkindlichen Ernährung ist die Muttermilch. Stillen ist ein wichtiger Schutzfaktor, beispielsweise zur Reduktion des Adipositasrisikos sowie der Vorbeugung bestimmter Krankheiten in einer späteren Lebensphase. Auch die Prägung der Gehirnentwicklung wird durch Stillen beeinflusst. Die Unterstützung der Gehirnentwicklung im frühen Lebensalter ist besonders wichtig, um eine optimale psychomotorische und kognitive Funktion im späteren Lebensalter zu sichern.
So gilt ausschliessliches Stillen in den ersten vier bis sechs Lebensmonaten tatsächlich als optimal, Beikost sollte frühestens mit Beginn des 5. und spätestens mit Beginn des 7. Lebensmonats eingeführt werden. Denn „eine verzögerte Einführung von Beikost zur Vermeidung von Allergien wird nicht empfohlen“, schreiben die Autor:innen der Übersichtsarbeit „Stillen und Beikost“, die 2016 im Deutschen Ärzteblatt erschienen ist16.
Die grundsätzlich positiven Effekte des Stillens – auch weit über den 7. Lebensmonat hinaus – konnten in jüngster Zeit mehrfach bestätigt werden. Denn Stillen reduziert das Risiko für spätere Erkrankungen wie Asthma Bronchiale (-27 bis -30 %)16; 17, atopische Dermatitis (-32 %)16; 18 und Adipositas (-12 %)16; 19. Eine Auswahl weiterer positiver Effekte des Stillens: leicht besseres Abschneiden in IQ-Tests als Jugendliche und Erwachsene (3,8 Punkte bei 30-Jährigen)20, ein geringeres Risiko für den plötzlichen Kindstod, für Typ 1- und Typ 2-Diabetes und für Gastroenteritis21. Hier finden Sie weitere Informationen rund um Stillen.
Proteinaufnahme der ersten Lebensmonate könnte Art metabolische Programmierung bewirken
Weitere gesicherte Empfehlungen: Handelsübliche Kuhmilch sollte im ersten Lebensjahr nicht getrunken werden. Die Beikost sollte Eisen aus Fleisch sowie ein- bis zweimal wöchentlich Fisch enthalten16.
Besonders in den Fokus gerückt ist in jüngster Zeit die sogenannte „Early Protein Hypothesis“. Sie besagt, dass die Menge der Proteinaufnahme in den ersten Lebensmonaten eine Art metabolische Programmierung bewirkt22. Tatsächlich gilt als einer der wichtigsten prognostischen Faktoren für Adipositas im Jugend- und Erwachsenenalter eine frühe überdurchschnittliche Gewichtszunahme23. Wie sich die verhindern lässt? „Eine Verringerung der Proteinzufuhr auch bei Muttermilchersatznahrung kann das Risiko verringern, später übergewichtig zu werden“, schreiben die Autor:innen eines Reviews zum Thema, das im Dezember 2015 im Fachmagazin Nutrition and Metabolic Insights veröffentlicht wurde22.
Die „Frühkindliche Prägung“ ist also durchaus real und vieles deutet darauf hin, dass sie in manchen Aspekten das ganze Leben beeinflusst – Panik und übereilter Aktionismus sind aber fehl am Platz, Handlungsempfehlungen sollten sich an der Studienlage orientieren.
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