Land:
Im Alter verändert sich der gesamte Organismus, wodurch sich nach und nach auch die Anforderungen an eine bedarfsgerechte Ernährung ändern. Im Rahmen des „normalen“ Alterungsprozesses nehmen die funktionellen Reserven praktisch aller Organe ab; insbesondere die Darm-, Pankreas-, Nieren- und Leberfunktion sind eingeschränkt. Dies hat Folgen für den gesamten Stoffwechsel.
Zudem können hinzukommende chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, KHK, Osteoporose oder Niereninsuffizienz die Nährstoffaufnahme beeinflussen und eine Mangelernährung im Alter begünstigen.
In diesem Artikel finden Sie wichtige Informationen zur Mangelernährung bei geriatrischen Patient:innen, mögliche therapeutische Ansätze und Behandlungsmöglichkeiten zusammengefasst.
Auf dieser Seite
Prävalenz und Ursachen einer Mangelernährung im Alter
Der menschliche Körper benötigt für die Aufrechterhaltung seiner körperlichen und geistigen Funktionen ausreichend Nährstoffe und Energie. Bei einem länger andauernden Ungleichgewicht zwischen Bedarf und Zufuhr kann es zu einer Unterversorgung des Körpers kommen, die als Malnutrition bzw. Mangelernährung bezeichnet wird.
Durchschnittlich weisen stationäre geriatrische Patient:innen in Kliniken zu 38,7 % und Reha-Patient:innen zu 50 % eine Mangelernährung auf. Von den zuhause lebenden gesunden Älteren sind 5,8 % und von den im Pflegeheim lebenden Patient:innen 13,8 % mangelernährt. Allgemein geht man davon aus, dass rund 50 % aller Senior:innen ein Risiko für eine Mangelernährung haben (vgl. Kaiser et al. 2010).
Kriterien einer Mangelernährung im Alter
Unbeabsichtigter Gewichtsverlust und reduzierte Körpermasse sind zwei wesentliche Anzeichen für das Vorliegen einer Mangelernährung bei Betroffenen. Von Mangelernährung im Alter spricht man bei einem Verlust von mehr als 5 % des Körpergewichts innerhalb der letzten drei Monate oder bei einem Verlust von mehr als 10 % des Gewichts innerhalb von 6 Monaten. Ein weiteres Indiz ist ein zu geringer Body-Mass-Index von 22 oder weniger.
Unbeabsichtigter Gewichtsverlust | > 5 % des Körpergewichts in 3 Monaten oder > 10 % des Körpergewichts in 6 Monaten |
Reduzierte Körpermasse | Body Mass Index (BMI) < 20 kg/m2 |
Schweres Untergewicht | BMI < 20 kg/m2 bei ≥ 70-Jährigen |
Mäßiges Untergewicht | BMI 20 bis < 22 kg/m2 bei ≥ 70-Jährigen (ESPEN) |
Bei Befunden dieser Art sollten umgehend notwendige Maßnahmen zur Verbesserung des Ernährungszustandes eingeleitet werden. Ein adäquates Ernährungsmanagement berücksichtigt dabei auch die Ursachen für Ernährungsprobleme, die identifiziert und bestmöglich beseitigt oder ausgeglichen werden sollten.
Ursachen und Risiken einer Mangelernährung im Alter
Die Ursachen einer Mangelernährung im Alter sind oft multifaktoriell bedingt. Neben physiologischen Altersveränderungen können körperliche Einschränkungen, psychische und soziale Faktoren die bedarfsgerechte Ernährung negativ beeinflussen. Zu den potenziellen Ursachen von einer Mangelernährung im Alter zählen:
- Appetitlosigkeit
- Kaubeschwerden
- Dysphagien
- Immobilität und Beeinträchtigung der Extremitäten
- Kognitive Beeinträchtigungen
- Depressive Stimmung, Depression
- Einsamkeit, soziale Isolation
- Gastrointestinale Erkrankungen und Beschwerden
- Sonstige akute Erkrankungen, (chronische) Schmerzen
- Nebeneffekte von Medikamenten
- Restriktive Diäten
- Abnehmende Sinneswahrnehmung
Um die schwerwiegenden Gesundheitsrisiken einer Mangelernährung bei Senior:innen zu vermeiden, ist es wichtig, schon frühzeitig auf Ernährungsprobleme und Anzeichen eines Nährstoffmangels zu achten. Vor allem Angehörige sollten sensibilisiert werden und aufmerksam die Mahlzeiten sowie die körperliche Verfassung ihrer Nahestehenden beobachten. Ernährungslücken lassen sich oftmals schon vor einem starken Gewichtsverlust aufdecken. Einmal entdeckt und hinsichtlich ihrer Ursachen analysiert, lassen sich diese Lücken durch gezielte und bewährte ernährungstherapeutische Maßnahmen oft erfolgreich behandeln.
Symptome und Folgen einer Mangelernährung im Alter
Eine Mangelernährung kann für den Alltag der Betroffenen erhebliche Folgen haben. Meist kommt es bei mangelernährten Senior:innen zu einer ungewollten Gewichtsabnahme, die mit einem erhöhten Verlust an Muskelmasse und muskulärer Kraft sowie Funktion einhergeht. Diese Symptome definieren den Begriff der Sarkopenie, der physischen Komponente des Gebrechlichkeit-Syndroms (Frailty Syndroms). Sie führen zu einer erhöhten Anfälligkeitsrate für Krankheiten und bringen Einbußen hinsichtlich Selbständigkeit und Lebensqualität mit sich.
Zu den möglichen Symptomen von Malnutrition bei Senior:innen zählen:
- Appetitlosigkeit
- Müdigkeit und Schwäche
- Infektionsanfälligkeit
- Störung von Organfunktionen
- Abbau von Muskelmasse
- Verzögerte Reaktionsfähigkeit
- Verlangsamte Wundheilung und Rekonvaleszenz
- Höheres Risiko für Brüche, Stürze und Schwindel
Auch im Zusammenhang mit akuten, konsumierenden oder chronischen Erkrankungen (zum Beispiel bei Tumorerkrankungen, Herzinsuffizienz oder COPD) kann es zu starker Abmagerung mit einem massiven Abbau von Muskelmasse bzw. einer Tumorkachexie kommen und die Symptome von Mangelernährung verstärken.
Geriatrische Patient:innen mit einer Mangelernährung weisen zudem häufig einen schlechteren klinischen Krankheitsverlauf sowie eine höhere Anzahl an Nebenwirkungen als Patient:innen mit gutem Ernährungszustand auf. Auch die Krankenhausverweildauer sowie das Mortalitätsrisiko sind bei Mangelernährung erhöht (vgl. Kagansky et al. 2005).
Bei mangelernährten geriatrischen Patient:innen ist frühes Handeln gefragt.
Je früher durch eine individuell angepasste Ernährungsintervention eine ausgewogene und bedarfsgerechte Ernährung wiederhergestellt wird, desto eher lassen sich Selbstständigkeit und Selbsthilfefähigkeit der betroffenen Senior:innen wiederherstellen und erhalten.
Diagnose einer Mangelernährung
Insbesondere in Kliniken, Rehakliniken und geriatrischen Institutionen sind standardisierte Handlungsanleitungen für ein regelmäßiges Screening auf Mangelernährung empfehlenswert. Aber auch im ambulanten Bereich ist ein frühzeitiges Screening auf Ernährungsdefizite sinnvoll.
Für das Screening auf eine Mangelernährung stehen unterschiedliche validierte Tools zur Verfügung, die schnell und einfach Ergebnisse liefern können. Gerne können Sie diese hier als editierbare Version herunterladen.
MUST Screening
Zur schnellen und einfachen Beurteilung des Ernährungszustandes stellen wir Ihnen die digitale Version des MUST Screenings zur Verfügung. Das MUST Screening ist eine international anerkannte Methode und wird von Fachgesellschaften, zum Beispiel von der Europäischen Gesellschaft für klinische Ernährung und Stoffwechsel (ESPEN) im ambulanten Bereich empfohlen, um Patientinnen und Patienten mit Mangelernährung oder einem Risiko für Mangelernährung zu identifizieren. Zum MUST Screening
Mini Nutritional Assessment (MNA)
Dieser Fragebogen ist ein wichtiges und validiertes Instrument zur Erfassung und Erkennung der Mangelernährung speziell bei älteren Menschen. Er findet sowohl in der häuslichen Pflege als auch im Krankenhaus oder im Pflegeheim Anwendung.
Nutritional Risk Screening (NRS)
Dieses Instrument, das von der ESPEN für den stationären Bereich empfohlen wird, ist ein Vorscreening bestehend aus vier Fragen zu Gewicht, Gewichtsverlust, Nahrungszufuhr und Erkrankung. Mit ihm kann die Notwendigkeit einer genaueren Bewertung des Ernährungszustandes (Hauptscreening) errechnet werden.
Subjective Global Assessment (SGA)
Das SGA ist ein bewährtes Instrument für ein Screening auf Mangelernährung, wird jedoch nicht primär bei geriatrischen Patienten angewendet.
Assessment zur differenzierten Diagnose bei Mangelernährung
Sofern ein Risiko für eine Mangelernährung vorliegt, sollte ein umfangreiches Assessment zur differenzierten Erfassung und Einschätzung der gesundheitsbezogenen Situation durchgeführt werden. Nach Küpper (2010) liefert vor allem ein Assessment, das objektive und subjektive Methoden miteinander kombiniert, einen umfassenden und individuellen Befund.
Objektive Methoden | |
---|---|
Anthropometrische Verfahren | Körpergewicht, BMI, Körpergewichtsentwicklung, mitunter auch Oberarmumfang und Taillenumfang sowie Verhältnis von Taillen- zu Hüftumfang (Waist-to-Hip Ratio) |
Körperzusammensetzung | Insbesondere Ermittlung des Gehalts von Körperfett und Körperprotein |
Labordiagnostik | U.a. Blut- und Urinuntersuchung |
Funktionelle Untersuchung | Muskelkraft (Hand-, Zugdynamometer) sowie Belastungstest wie Gehstrecke, Treppensteigen |
Subjektive Methoden | |
---|---|
Ernährungsanamnese und ggf. Ernährungsprotokoll und Dokumentation | Allgemeine Kriterien der Nahrungsaufnahme (Appetit, Trinkmenge, Portionsgrößen, Lebensmittel, Vorlieben, Abneigungen, etc.) sowie auftretende Probleme bei der Ernährung (zum Beispiel Unverträglichkeiten, Kau-, Schluckstörungen, Durchfall, Verstopfung). Beobachtung des Ernährungsverhaltens |
Klinische Anamnese und ärztliche Untersuchung | Erkrankungen und Medikation, allgemeines Erscheinungsbild und Auffälligkeiten (zum Beispiel Untersuchung der Haut, Nägel, Schleimhaut, Mund, Zahnfleisch), Erfassung der psycho-mentalen und sozialen Situation sowie neurologische Untersuchungen |
Therapie einer Mangelernährung im Alter
Die Behandlung einer Mangelernährung stützt sich stets auf zwei Säulen: die Therapie der zugrunde liegenden Ursachen und die Verbesserung des Ernährungsstatus. Die Ernährungstherapie ist daher ein zentraler Baustein der Gesamtbehandlung.
Maximaler Behandlungserfolg für eine Mangelernährung wird vor allem durch interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ärzt:innen, Pflegepersonal, Ernährungsspezialist:innen und Physiotherapeut:innen sowie Einbeziehung der Angehörigen erzielt.
Die Ernährungstherapie im Alter geht über reine Ernährungsmaßnahmen hinaus. Sie umfasst ein breites Spektrum verschiedener Unterstützungsmöglichkeiten, die zu einer adäquaten Nahrungsaufnahme, Stabilisierung und Verbesserung des Ernährungszustandes, Verbesserung der Körperfunktionen und zum Erhalt der Lebensqualität beitragen können.
Klinische Ernährung bei älteren Menschen – Spektrum der Maßnahmen
- Beseitigung möglicher Ernährungshemmnisse (zum Beispiel. adäquate Behandlung akuter und chronischer Krankheiten, Zahnbehandlung, Schlucktraining, Unterstützung und Gesellschaft beim Essen)
- Angenehme Essumgebung (zum Beispiel Essen am Tisch in einem Esszimmer gemeinsam mit anderen, ruhige und entspannte Atmosphäre)
- adäquate Pflegemaßnahmen (zum Beispiel verbale Aufforderung, Kleinschneiden, Hilfe beim Essen)
- Modifikation von Mahlzeiten und Lebensmitteln (zum Beispiel Berücksichtigung persönlicher Vorlieben, zusätzliche Zwischenmahlzeiten, Fingerfood, Veränderung von Textur und Konsistenz von Speisen)
- Anreicherung von Speisen und Gerichten (mit gehaltvollen Lebensmitteln wie Sahne, Butter, Öl oder mit Nährstoffkonzentraten wie Maltodextrin oder Proteinpulver, ONS/EE)
- Trinknahrung
- Sondennahrung (ergänzend/ausschließlich)
- Parenterale Ernährung (ergänzend/ausschließlich)
Stufen der Behandlung bei Mangelernährung
Die ernährungstherapeutischen Maßnahmen bauen stufenförmig aufeinander auf. In der Praxis werden sie jedoch häufig miteinander kombiniert. Die adäquate Ernährungstherapie zur Behandlung von Malnutrition bei Senior:innen wird stets vom behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin festgelegt. Sehen Sie im Folgenden die Stufen der Behandlung bei Mangelernährung im Alter nach Küpper 2010.
Stufe | Definition | Maßnahmen |
---|---|---|
1 | Orale Ernährung | Orientierung an D-A-CH-Referenzwerte, „10 Regeln für eine vollwertige Ernährung“ der DGE, Qualitätsstandards in stationären Senioreneinrichtungen |
2 | Orale Ernährung und zusätzlich | Anreicherung, Supplemente (ONS), Trinknahrung |
3 | Enterale Ernährung | Trinknahrung, Sondennahrung |
4 | Parenterale Ernährung | Infusion von Flüssigkeit und Nährstofflösungen über das Blutgefäßsystem |
Hinsichtlich der direkten Ernährungsmaßnahmen haben orale Strategien bei älteren Menschen immer oberste Priorität. Wenn die orale Nahrungszufuhr nicht für eine adäquate Nahrungsaufnahme ausreicht, können Nahrungsanreicherung oder orale Trinknahrungen eine sinnvolle Option darstellen, um die Energie- und Nährstoffzufuhr zu sichern oder zu erhöhen.
Wie zahlreiche kontrollierte, randomisierte Studien belegen, verbessert der Einsatz von Trinknahrung nicht nur den Ernährungszustand. Sie kann außerdem dazu beitragen, Komplikationen wie Infektionsrisiko, Hospitalisierungsdauer und Mortalitätsraten zu senken sowie motorische und kognitive Fähigkeiten positiv zu beeinflussen (vgl. u. a. Loch et al. 2006).
Unsere Produkte für enterale Ernährung
Mit unseren medizinischen Trinknahrungen von Fortimel bieten wir Ihnen Lösungen für eine abwechslungsreiche und erfolgreiche Ernährungstherapie Ihrer geriatrischen Patient:innen. Fortimel umfasst ein breites Produktsortiment, das wir Ihnen gerne in Broschüren und Informationsmaterialien vorstellen.
Für Fragen zu unserem Produktsortiment bei Mangelernährung in der Geriatrie nehmen Sie gerne Kontakt zu unserem Team auf. Denn das Wohlergehen Ihrer Patient:innen liegt uns am Herzen! Jetzt kontaktieren!
Unser Nutilis–Sortiment zielt speziell auf die Bedürfnisse von Patient:innen mit Schluckstörungen ab, die konsistenzadaptierte Speisen und Getränke für ihre tägliche Ernährung und zur Deckung ihres Nährstoffbedarfs benötigen.
Unsere Dickungsmittel erleichtern das Schlucken und reduzieren das Aspirationsrisiko dank amylaseresistenter Eigenschaften: Die Viskosität der angedickten Nahrung bleibt auch beim Schluckvorgang stabil. Patient:innen mit Schluckstörungen können wieder sicherer essen und trinken und so ihren Ernährungszustand stabilisieren.
Patient:innen, deren Energie- und Nährstoffbedarf über die orale Ernährung nicht oder nicht in ausreichender Menge gedeckt werden kann, können mithilfe einer Sonde versorgt werden. Hier können wir mit unserem umfangreichen Sortiment an hochwertiger Nutrison-Sondennahrung sowie passender Applikationstechnik unserer Marke Flocare® unterstützen.
Parenterale Ernährung sollte Patient:innen vorbehalten bleiben, die nicht in der Lage sind, ihren Bedarf auf oralem oder enteralem Wege zu decken.