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Die Arbeit von freiberuflichen Hebammen
Hebamme zu sein, ist einfach etwas ganz Besonderes und jede Geburt ist einzigartig und jedes Mal aufs Neue wie ein Wunder. Freiberufliche Hebammen arbeiten nicht – wie festangestellte Hebammen – in einem Kranken- oder Geburtshaus, sondern sind selbstständig tätig. Allerdings gibt es die Möglichkeit, auch als freiberufliche Hebamme mit einem Krankenhaus zusammenzuarbeiten.
Viele freiberufliche Hebammen begleiten die Frauen von Anfang an – vom positiven Schwangerschaftstest über die Geburtsvorsorge bis zur Wochenbettbetreuung. Als Hebamme im Wochenbett (auch als „Nachsorge-Hebamme” bekannt) sind Sie der erste Ansprechpartner für die Eltern und kümmern sich nicht nur um die körperlichen Belange der Frau, sondern auch um ihre emotionalen Bedürfnisse. Sie versorgen Geburtsverletzungen, überwachen die Rückbildung der Gebärmutter und sind unerlässlich für einen guten Stillstart.
Was ist eigentlich eine Hebamme im Wochenbett?
Eine Woche im Bett, eine Woche auf dem Bett, eine Woche um das Bett – die Hebamme im Wochenbett weiß, wie wichtig das Wochenbett für die frischgebackene Mutter und ihr Baby ist. Es ist eine ganz besondere Zeit der Nähe und des Kennenlernens. Damit das Neugeborgene und die Eltern gut zusammenfinden und die Mutter wieder zu Kräften kommt, steht sie ihnen zur Seite. Sie kommt für die Wochenbettbesuche zu den Familien nach Hause – am Anfang sogar täglich.
Enge Beziehung zu den Familien
Milchstau, wunde Brustwarzen, ein Baby, das nicht richtig trinken mag – so manche Mutter würde das Stillen wohl schnell wieder aufgeben, wenn ihre Hebamme nicht immer einen guten Rat für sie hätte. Sie haben ein offenes Ohr für Fragen und Sorgen der jungen Familie und nehmen eine wichtige Rolle für sie ein. Oft ist das Verhältnis zwischen der Hebamme im Wochenbett und den Eltern ein ganz besonders vertrauensvolles.
Es gibt auch Eltern, die sich gegen eine Hebamme im Wochenbett entscheiden, vor allem wenn sie nicht ihr erstes Kind bekommen. Manche Kliniken fordern eine Hebamme zur Begleitung im Wochenbett, wenn Mütter ambulant entbinden wollen. Aber auch erfahrene Mütter können im Wochenbett von einer Hebamme profitieren – jede Geburt und jedes Kind ist anders und auch beim dritten Kind kann die Mutter vom plötzlichen Hormonchaos überfordert sein.
Auch wer eine Hausgeburt plant, wird sich auf die Suche nach einer freiberuflichen Hebamme machen. Leider gibt es in vielen Städten nur noch wenige Hebammen, die Hausgeburten anbieten, da die Beiträge der Berufshaftpflichtversicherung sehr hoch sind. Eine vertraute Beziehung ist wichtig für die Geburt zuhause und auch der Partner oder die Partnerin sollte von Anfang an mit einbezogen werden¹.
Alltag einer freiberuflichen Hebamme
Der Alltag einer Hebamme ist abwechslungsreich. Freie Hebammen betreuen die Frauen vor, während und nach der Geburt ihres Kindes. Die Aufgaben sind vielfältig und selbstständige Hebammen können ganz flexibel auf die Wünsche der Familien eingehen und anbieten, was ihnen persönlich wichtig ist. Der Arbeitsalltag wird nie langweilig, denn jede Schwangerschaft ist etwas Besonderes. Viele Frauen durchleben ein Wechselbad der Gefühle, bis ihr Baby auf der Welt ist – und auch danach. Was für ein Glück, dass viele freiberufliche Hebammen genau darauf eingehen können, da sie alternative Behandlungsmethoden anbieten und auf viel Erfahrung zurückgreifen können. Homöopathie, Akupunktur oder Massagen lindern Schmerzen, tun gut und helfen dabei, sich auf die Geburt vorzubereiten.
Es gibt auch Hebammen, die eine Mischung aus Festanstellung und Selbstständigkeit wählen – sie sind zum Beispiel in einer Klinik angestellt, bieten aber freiberuflich Geburtsvorbereitungskurse an.
Abwechslungsreiches Aufgabenspektrum
Morgens ein Geburtsvorbereitungskurs in der Praxis einer Kollegin, mittags erst ein Hausbesuch bei einer werdenden Mutter und ein Gespräch mit dem aufgeregten Vater, danach eine Stillberatung bei einer Frau im Wochenbett. Das kleine Baby möchte unentwegt trinken und die Mutter macht sich Sorgen, dass es nicht satt wird. Sie als Hebamme können sie beruhigen – der Magen ist noch klein und Stillen ist auch Nähe und Geborgenheit. Dazu kommen einige Anrufe mit Fragen von jungen Müttern, die Sie bereits betreuen, und von Frauen, die noch auf der Suche nach einer Hebamme sind. Am Abend dann Rufbereitschaft, die Geburt eines Kindes steht bevor. Der Tag war lang und vielleicht wird es die Nacht auch – aber dieses Wunder der Geburt zu erleben, den Frauen Kraft und Mut zu geben, ihre Schmerzen zu lindern und das Baby auf der Welt willkommen zu heißen – dafür lohnen sich die langen Tage.
Auch wenn es nicht das erste Kind ist, tauchen immer wieder neue Fragen auf. Natürlich geht die Hebamme im Wochenbett auch auf die körperlichen Veränderungen der Mutter ein und gerade hier ist ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen den beiden wichtig. Die Hebamme schaut sich Geburtsverletzungen an, beurteilt den Wochenfluss, kann Fäden ziehen, erfühlt die Rückbildung der Gebärmutter und tastet die Brüste ab, um einen Milchstau gar nicht erst entstehen zu lassen. Dafür erklärt sie auch die verschiedenen Stillpositionen und gibt Tipps bei wunden Brustwarzen.
Die Hebammenbetreuung im Wochenbett ist einzigartig und neben all den Fragen und medizinischen Aspekten geht es vor allem auch darum, dass Sie den Frauen helfen, in ihre Rolle als Mutter hineinzuwachsen. Das Bonding zwischen Mutter und Kind ist in den ersten Lebenstagen sehr wichtig und sollte es im Krankenhaus zum Beispiel durch einen Notkaiserschnitt zu kurz gekommen sein, können Sie dabei helfen, es nachzuholen.
Verdienst einer freiberuflichen Hebamme
Oft hören Hebammen die Frage, ob sich ihre Tätigkeit überhaupt lohnt. Und tatsächlich muss diese Frage immer wieder neu beantwortet werden, denn die Freiberuflichkeit ist für viele eine Berufung und wäre ohne die Liebe zum Beruf nicht möglich. Denn die Selbstständigkeit bedeutet unregelmäßige Arbeitszeiten und zudem besteht in der Bezahlung im Gesundheitswesen allgemein eine Diskrepanz zu beispielsweise Berufsfeldern in der Finanzbranche.
Die Hebammen-Tätigkeiten sind Kassenleistung und die Hebammen rechnen direkt mit den Krankenkassen ab. Der Verdienst der freiberuflichen Hebamme ergibt sich aus den Aufträgen, die mit festgelegten Sätzen der Krankenversicherungen vergütet werden².
Abrechnung von Besuchen der Hebamme
Von der Krankenkasse übernommen werden die (bis zu zweimal) täglichen Besuche vom ersten bis zehnten Tag nach Geburt des Neugeborenen, vom elften Lebenstag bis zur zwölften Lebenswoche sind 16 Besuche möglich. Nach dieser zwölften Lebenswoche werden dann noch einmal 4 Hebammenbesuche übernommen. Die Kostenübernahme weiterer Leistungen kann unter Umständen auch noch auf Rezept vom Kinderarzt oder von der Kinderärztin ermöglicht werden.
Ein Problem beim Hebammenverdienst sind die hohen Kosten für die Berufshaftpflichtversicherung. Diese unterscheiden sich, je nachdem, ob die Hebamme auch eine Geburtsbegleitung anbietet. Die Geburten zu versichern, kostet besonders viel: Ab dem 01. Juli 2020 liegt der Jahresbeitrag für Hebammen bei 9.098 Euro – eine enorme Summe für Freiberufler:innen. Deshalb bieten viele freiberufliche Hebammen nur noch Vor- und Nachsorge an, sodass der Pflichtbeitrag auf ein paar hundert Euro im Jahr sinkt. Von den rund 16.000 Hebammen, die 2018 laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) selbstständig tätig waren, leisteten nur 2.600 aktive Geburtshilfe³.
Freiberufliche Hebamme werden
Mit dem Hebammenreformgesetz (HebRefG)⁴ wurde 2020 die Hebammenausbildung reformiert; die Ausbildung wurde durch ein duales Studium ersetzt. Im Zuge dessen wurde auch die Berufsbezeichnung „Entbindungspfleger“ für Männer abgeschafft und lautet jetzt ebenfalls „Hebamme“⁵. Wer sich nach dem Studium als Hebamme selbstständig machen möchte, kann direkt starten. Es bedarf keiner vorherigen Berufserfahrung im Angestelltenverhältnis, bevor es mit der Freiberuflichkeit losgehen darf. Es muss dafür auch kein Gewerbe angemeldet werden.
Vorausgesetzt ist lediglich eine Berufserlaubnis – wenden Sie sich dann an Ihr Finanz- und Gesundheitsamt. Der Hebammenberuf gehört laut Paragraf 18 des Einkommenssteuergesetzes⁶ zu den Heilberufen und damit zu den Freien Berufen. Einer der Vorteile ist, dass für die Steuererklärung eine einfache Einnahme-Überschussrechnung reicht. Um mit den Krankenkassen abrechnen zu können, brauchen Hebammen ein Institutionskennzeichnen⁷.
Mitgliedschaft in einem Hebammenverband ratsam
Wir empfehlen allen freiberuflichen Hebammen, Mitglied in einem der Hebammenverbände zu werden⁸. Das bietet den Vorteil, über die Gruppenhaftpflichtversicherung abgesichert zu sein. Auch das umfangreiche Fortbildungsangebot sowie die professionellen Ansprechpartner:innen der Verbände bieten einen wichtigen Mehrwert für die selbstständige Hebammenarbeit. Damit man als freiberufliche Hebamme auch gefunden werden kann, ist es natürlich wichtig, auch auf sich aufmerksam zu machen. Dafür ist eine eigene Website wichtig, aber auch Einträge in Foren, Branchenbüchern und Hebammenlisten. Geburtskliniken und Arztpraxen führen ebenfalls oft Listen. Lassen Sie sich auch von Kolleg:innen empfehlen, wenn diese selbst keine Kapazitäten mehr haben. Oft tun sich Hebammen zusammen und eröffnen gemeinsam eine Praxis oder kooperieren mit Kolleg:innen aus dem Gesundheitsbereich.
- MAIN – Blog Selbständigkeit – „Wie du als Hebamme in die Selbständigkeit startest“ (2023) https://kontist.com/posts/hebamme-selbstaendigkeit-start
- Selbstständig machen als Hebamme (2023) https://www.selbststaendig.de/geschaeftsideen/hebamme
- Deutscher Hebammenverband (DHV) e. V. Zahlenspiegel zur Situation der Hebammen 04/2022 https://hebammenverband.de/wp-content/uploads/2023/02/202204_Zahlenspiegel_zur_Situation_der_Hebammen.pdf
- Hebammenreformgesetz (2019) https://www.bundesgesundheitsministerium.de/hebammenreformgesetz.html
- Deutscher Hebammenverband „Wie werde ich Hebamme“ https://www.hebammenverband.de/beruf-hebamme/studium
- Einkommensteuergesetz § 18 https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__18.htm
- Selbstständig machen als Hebamme (2023) https://www.selbststaendig.de/geschaeftsideen/hebamme
- Hebammenverband Mitglied werden: https://www.hebammenverband.de/verband/mitglied-werden