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Was passiert gerade in der Eiweissforschung?
Fremdeiweisse
Allergien spielen heute eine grosse Rolle im Gesundheitswesen. Doch was hat die Muttermilch damit zu tun? Wir wissen, dass Muttermilch von der Mutter synthetisierte Eiweisse mit wichtigen nutritiven und funktionalen Eigenschaften enthält. Wir wissen aus der Forschung aber auch, dass je nach Ernährungsgewohnheiten auch Fremdeiweisse von beispielsweise Kuhmilch, Eiern oder Erdnüssen enthalten sein können. Diese sind in der Lage, bei sensiblen Kindern potenziell eine Allergie auslösen.
Verschiedene Forschungszentren haben in Zusammenarbeit mit Nutricia eine hoch spezialisierte Analyse von Muttermilch durchgeführt, um Fremdeiweisse aus Kuhmilch zu bestimmen.1 Es wurden mehr als 1.500 Muttermilcheiweisse und 36 Fremdeiweisse gefunden.
Dies zeigt einerseits die unfassbare Komplexität der Muttermilch, ist aber auch ein Hinweis darauf, dass verschiedene Fremdeinweisse durch die Muttermilch zum Kind gelangen könnten.
Ob diese Fremdeiweisse zwangsläufig zu Allergien führen oder im Gegenteil sogar eine Toleranz gegenüber diesen Eiweissen ermöglichen, muss nun weiter erforscht werden.2
Wie war das nochmals mit den Eiweissen?
Die Gesamtheit aller Eiweisse der Muttermilch wird auch Proteom genannt.
Die beiden Hauptproteine in der Muttermilch sind das Molkenprotein sowie das Casein. Molkenprotein hat die Eigenschaft, sehr leicht verdaulich zu sein, sodass der kleine Babymagen es schnell abbauen kann, während die Verdauung von Casein einen längeren Zeitraum benötigt, um vollständig abgebaut zu werden.
Verändernde Peptide
Zwar besteht Muttermilch überwiegend aus höhermolekularen Eiweissen wie Molkenprotein oder Casein, sie enthält aber auch kleinere Eiweissverbindungen wie beispielsweise Peptide. In aktuellen Forschungen wurde das vom ss-Casein stammende Peptid genauer untersucht. Diese Peptide können unter anderem in der Milchdrüse als Abbauprodukte von den höhermolekularen Eiweissen entstehen. Viele dieser Peptide haben unter anderem antimikrobielle und immunmodulierende Funktionen.
Es konnte ausserdem festgestellt werden, dass sich die untersuchten Peptide im Verlauf der Laktation deutlich verändern und dass dabei ganz bestimmte Stoffwechselvorgänge eine Rolle spielen.3
Durch die verwendete hoch spezialisierte Analysetechnik wird einmal mehr gezeigt, wie unglaublich komplex die Muttermilch ist. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass diese Komplexität sich im Laufe der Laktation verändert und erweitern das Wissen über die Entstehung der individuellen Zusammensetzung der Muttermilch.
In einem weiteren Forschungsansatz wurden in einer einzigen Muttermilchprobe um die 1.700 verschiedene Glykopeptide, also Peptide, an welche ein oder mehrere Kohlenhydrate gebunden sind, gefunden – viele davon sind jetzt erstmals entdeckt.4
Glykopeptide spielen, wie auch die oben genannten ss-Casein-Peptide, eine wichtige Rolle für das Immunsystem des Säuglings. Jede Mutter bildet ein spezifisches Muster an diesen Verbindungen, welche auch als Immunglobuline bezeichnet werden. Ganz abhängig davon, welche Infektionen die Mutter in ihrem Leben zum Beispiel abgewehrt hat, gibt sie dieses “Wissen”, diesen speziellen Schutz an das sich entwickelnde Immunsystems ihres Kindes weiter.
Faszination Muttermilch
Muttermilch ist einfach faszinierend! Sie ist unumstritten die beste Nahrungsquelle für alle Säuglinge – mit zahlreichen kurz und langfristigen Vorteilen für Säuglinge und Mütter. Nutricia betreibt seit 50 Jahren Muttermilchforschung, um die einzigartige Komplexität der Muttermilch und ihre Wirkung besser verstehen zu können. Es wird immer deutlicher, dass Stillen einen enormen Einfluss auf die ersten 1.000 Tage im Leben eines Kindes hat – auf seinen gesamten körperlichen und geistigen Reifungsprozess – und damit auch entscheidend ist für seine spätere Entwicklung.
- Zhu J et al. J Proteome Res 2019;18:225-38 (PMC6326037)
- Siehe dazu auch unsere Forschungs-News in Forum Kompakt Ausgabe 2-22
- Dingess KA et al. Int J Mol Sci 2021;22 (PMC8347866)
- Zhu J et al. J Proteome Res 2020;19:1941-52 (PMC7252941)
- Siziba LP et al. Nutrients 2021;13 (PMC8228739)
- Eussen SRBM et al. Nutrients 2021;13:2324 (PMC8308909)